Affentheater

Wenn der Mensch vom Affen abstammt, warum gibt es dann eigentlich noch Affen? Ich habe noch nie einen Affen gesehen, der zum Menschen wurde, aber ich habe schon viele Menschen gesehen, die sich zum Affen gemacht haben...

"Ein Tier ist ein Tier und ein Mensch ist ein Mensch" – so einfach bringt der Panda "Baghira" im Dschungelbuch den Unterschied zwischen Tier und Mensch auf den Punkt.

Zu simpel? Nicht für die moderne Wissenschaft. Hier gilt: "Ein Tier ist ein bisschen Mensch und ein Mensch ist ziemlich viel Tier." Und damit sind nicht etwa nur die moralischen Qualitäten gemeint (wie viehisch der Mensch sein kann, erleben wir spätestens wenn wir uns die Tagesnachrichten anschauen) – nein, hier geht es vornehmlich um einen gemeinsamen Stammbaum. Affenmenschen sollen unsere Vorfahren gewesen sein – und wir deren Weiterentwicklung. Betrachtet man nur die genetischen Gemeinsamkeiten, die sich bei Affe und Mensch auf immerhin gut 98% belaufen, könnte man diese Überlegung für plausibel halten – auch wenn ein kritischer Geist hier nachhaken könnte, angesichts von 60 Millionen Basenpaaren oder 600 Genen, um die sich Affen- und humanes Genom unterscheiden (Anmerkung: die menschliche DNA besteht aus ca. 3 Milliarden Basenpaaren und etwa 30.000 Genen).

Doch ein Lebewesen besteht aus mehr als nur seinem Erbgut. Nur leider bekommt man ein Problem mit der Messbarkeit, wenn man sich auf der Suche nach Unterschieden zwischen Tier und Mensch von der Molekularbiologie hin zu anderen Bereichen wie der Philosophie, Anthropologie oder Kulturwissenschaft bewegt. Wer hat schon nachvollziehen können, was im Kopf eines Schimpansen vor sich geht, ob sich ästhetisches Empfinden beim Betrachten eines Kunstwerks in ihm regt oder ob er über den Sinn seines Daseins nachdenkt?

Immerhin haben es einige Studenten aus dem englischen Plymouth gewagt, Makaken (eine Affenart) auf ihr literarisches Talent hin zu untersuchen – sie setzten sie einfach vier Wochen lang vor einen Computer und warteten ab, was die Viecher wohl so zusammentippen würden. Ergebnis: Nicht ein einziges menschliches Wort kam heraus. Dabei behauptete im 19. Jahrhundert Thomas Huxley, ein Verfechter der Evolutionstheorie, dass Affen sogar Shakespeare-Werke hervorbringen könnten, liesse man ihnen nur genug Zeit. Das müsste dann allerdings seeeehr viel Zeit sein, denn Wahrscheinlichkeitsrechnungen haben ergeben, dass ein Affe, um den 23. Psalm (etwa 100 Wörter) per Zufall zu tippen, etwa 101096 Jahre bräuchte. Zum Vergleich: unser Universum wird nach der Urknall-Theorie auf etwa 20*109 Jahre geschätzt, also schlappe 1087 Zehnerpotenzen weniger.

Alles nur eine Frage der Zeit und der Wahrscheinlichkeit? Das wäre es vielleicht, wenn wir nichts anderes als Zellhaufen wären – doch diese Ansicht straft schon die Existenz unserer auf moralischen Werten basierenden Verfassung, die Liebe zwischen Menschen oder die Gedanken der Philosophen über den Sinn des Lebens Lügen. Denn reine Materie kennt weder Moral, noch kann sie Liebe empfinden, noch über sich selbst nachdenken – Tiere übrigens auch nicht. Der Mensch ist viel mehr als sein genetischer Code.